Diese kleinen Tierchen verdienen einen besseren Ruf. Sie sind wirklich spezialisierte kleine Helfer. Jeder kennt Beispiele für nützliche Tiere. Da gibt es “Putzerfische”, “Madenhacker” und viele andere Symbioseformen im Tierreich. Die gegenseitige Hilfe ist im Tierreich vermutlich viel verbreiteter als uns bewusst ist. Und auch bei der medizinischen Hilfe sind die Blutegel nicht das einzige Beispiel.
Die Blutegel (Hirudo medicinalis) stehen in Europa unter Naturschutz und dürfen nicht in der Wildnis gefangen werden. In der freien Wildbahn siedeln sie gerne in sehr sauberen Süss-Gewässern und ernähren sich im ausgewachsenen Alter von Säugetieren, die sich “anzapfen” lassen.
Ihr Einsatz in der Medizin läßt sich schon 2500 Jahre zurückverfolgen. Und nicht nur das Blutsaugen als Aderlass und Entgiftung macht sie so sehr wertvoll. Vorher geben sie mit ihrem Speichel u.a. Hirudin und Eglinose in das Blut ab. Hirudin verhindert für 12 bis 24 Stunden die Blutgerinnung und kann sehr gut bei Thrombose und Venenentzündungen helfen. Eglinose hilft gegen Entzündungen und Schmerzen und kann bei Gelenkerkrankungen wie Arthrose oder Arthritis helfen.
Mit diesen Eigenschaften sind sie in der Lage, für viele medizinische Probleme zur Lösung beizutragen. So sind ihre Stoffe in der Lage, das Einspriessen von neuen Gefäßen zu fördern, was bei großen Wunden und Transplantationen sehr sinnvoll sein kann. Aber selbst bei Problemen wie Tinnitus können sie oft helfen.
Für die Behandlung mit den sensiblen Tierchen gelten allerdings einige Einschränkungen. Sie mögen keine Parfums oder störende Haut-Ausdünstungen wie Alkohol und Nikotin. Die Haut sollte vorher mit parfumfreier Seife gereinigt sein.
Das Saugen dauert gewöhnlich 30 bis 60 Minuten. Aber da sie individuell unterschiedlich sind, habe ich auch schon sehr durstige nach 20 Minuten abfallen sehen und manche hängen nach 2 Stunden immer noch friedlich schlafend, ohne lozulassen.
Das Blut versiegt nur sehr langsam und meist benötigt die Nachsorge noch einmal eine Stunde, bis man die langsam durchblutenden Tupfer durch eine größere Vorlage ersetzen kann, die dann einige Stunden das Blut abfängt. Für die Nacht sollte man dann die Vorlage wechseln. Am Morgen können dann gewöhnlich die kleinen Löcher vorsichtig gereinigt und mit einem normalen Pflaster bedeckt werden.
Manchmal sieht man noch einige Zeit später kleine Narben. Also sicherheitshalber sollten die Tierchen nicht unbedingt im “Schönheitsbereich” angesetzt werden.
Diese etwas umständliche Behandlung kann sich lohnen, wenn dadurch chronische Entzündungen und Schmerzen gelindert werden.